Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, aber es lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig: Beim Rücktritt von einer bevorstehenden Reise kommt es nicht (mehr) unbedingt darauf an, ob das Außenamt eine Reisewarnung ausgesprochen hat.Im konkreten Fall geht es um SARS. Am 11. Februar 2003 meldeten die chinesischen Behörden der WHO erstmals den Ausbruch dieser Lungenkrankheit mit vielfach tödlichem Ausgang.Zu dem Zeitpunkt hatte ein Ehepaar in Wien bereits eine Pauschalreise nach Burma, China, Thailand ab 18. März gebucht. Am 12. März sprach die WHO von einer weltweiten Gefahr. Der Reisevermittler lehnte eine Kulanzlösung ab und meinte, die Sache werde aufgebauscht.Am Wochenende vor dem geplanten Abflug telefonierte das Ehepaar mit dem Journaldienst des Außenministeriums, der erklärte, es sei noch keine Reisewarnung erfolgt, er persönlich würde aber nicht reisen. Am 17. März stornierte das Ehepaar, bekam vom Reisepreis (5192 Euro) nur 15 Prozent zurück.Der Verein für Konsumenteninformation führte mit Anwalt Gerhard Deinhofer zur Seite einen Musterprozess. Mit Erfolg. Das Bezirksgericht für Handelssachen verurteilte den Reiseveranstalter zur Rückzahlung der restlichen 85 Prozent. Auch ohne offizielle Warnung hat die Gefahr zum Zeitpunkt des Reiseantritts eine Intensität erreicht, die eine Unzumutbarkeit begründet.Die dem Ehepaar zur Verfügung stehenden Medienberichte ließen die "unmittelbar bevorstehende epidemische Ausbreitung" erwarten und waren geeignet, "den durchschnittlich Gebildeten jedenfalls in Furcht zu versetzen" (Urteil).

Ricardo Peyerl 

Quelle: Kurier|Chronik|Seite: 13, Freitag, 26.03.2004